EU-Dienstleistungsrichtlinie


Am 14. Februar wird im Europäischen Parlament über die EU-Dienstleistungsrichtlinie, genannt Bolkestein-Richtlinie, beschlossen. Was hat das mit Hartz IV und unserem Protest gegen Sozialabbau zu tun? Sehr viel!

 

Die sogenannte Lissabon-Strategie der Europäischen Union wurde im Jahr 2000 verabschiedet und hat sich zum Ziel gesetzt, die EU zur wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsmacht der Welt auszubauen. Das heißt im Klartext: Unternehmensprofite erhöhen durch Senkung der Steuern, Verlängerung der Arbeitszeiten und Abbau von Hindernissen, die dem Gewinnstreben im Weg stehen. Die Bevölkerung soll mobiler und flexibler werden, das heißt, sich dem Profitstreben der großen Wirtschaftsunternehmen unterordnen. Ein-Euro-Jobs, Aushöhlung der sozialen Sicherungssysteme, Abbau des Kündigungsschutzes – das haben wir letztes Jahr im noch nie gewesenen Ausmaß erlebt.

 

Der Dienstleistungsbereich macht heute etwa 70% der gesamten EU-Wirtschaft aus. Durch die neue Dienstleistungsrichtlinie würde nun auf einem Schlag dieser ganze Wirtschaftsbereich liberalisiert. Dazu gehört zum Beispiel Baugewerbe, Groß- und Einzelhandel, Werbung, Medien, Wirtschaftsprüfer, Architekten, aber auch soziale und kommunale Dienstleistungen wie Altenpflege, Wasserversorgung und Müllentsorgung. Der Bereich Gesundheitswesen ist bisher ausgeklammert, aber es fragt sich nur, wie lange noch. Auch die Zeitarbeit und Leiharbeit gehört zu diesem Sektor, der nun einem schonungslosen Wettbewerb unterworfen wird, so dass die Ausbeutung dort noch schärfer wird.

 

Einer der wichtigsten Grundsätze ist das Herkunftslandprinzip. Wenn ein Dienstleister in einem EU-Mitgliedsstaat mit einer Niederlassung gemeldet ist, kann er künftig seine Dienstleistungen nach dem Recht seines Herkunftslandes auch in jedem anderen Mitgliedsstaat anbieten, ohne sich an die dortigen Rechtsvorschriften zu halten. Das Unternehmen kann sich also in dem Mitgliedsstaat registrieren lassen – auch als Briefkastenfirma – wo die Steuern am niedrigsten sind und die geringsten rechtlichen Anforderungen und Kontrollen gelten. Überdies können diese Anforderungen kaum überwacht werden.

 

Was wird dieser verschärfte Wettbewerb für uns bedeuten? Er wird weitere Arbeitsplätze kosten, das Tarifrecht aushöhlen, zu massiven Lohnsenkungen führen und den Privatisierungsdruck auf öffentliche Einrichtungen erhöhen. Soziale , ökologische und andere Standards werden einen gnadenlosen Wettlauf nach unten antreten. Auch kleine Unternehmen, die nicht die Möglichkeit haben, international tätig zu werden, werden in den Ruin getrieben.

 

Deshalb müssen wir gegen diese Bolkestein-Richtlinie protestieren, und zwar in ganz Europa. Auch wenn viele polnische Arbeitnehmer zum Beispiel darin noch eine Chance auf Arbeitsplätze sehen, müssen wir darauf achten, dass wir nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern für eine europaweite Anhebung der Standards eintreten.