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Bundesweite Herbstdemonstration in Berlin - "Eine Begrüßung der besonderen Art an die neue Regierung …"

 

24.10.09 - Herzlich willkommen hießen Monika Gärtner-Engel von der Montagsdemo Gelsenkirchen und Antje Grütte von der Potsdamer Montagsdemo ab 11 Uhr die aus ganz Deutschland eintreffenden Teilnehmer zur 6. bundesweiten Demonstration der Hartz-IV-Gegner gegen die Regierung. Monika Gärtner-Engel: "Diese Demonstration ist eine Begrüßung der besonderen Art – und zwar an die neue Regierung. Sie ist aber auch eine Kampfansage an diese Regierung und all das, was sie an Plänen in ihren Schubladen hat, die nach und nach herauspurzeln und deutlich machen, auf was wir uns einstellen müssen. Aber wir sind gut gewappnet. Montag für Montag gehen wir auf die Straße, zäh, kampfstark und mit einer unverbrüchlichen Solidarität untereinander."

 

Sachkundig und überzeugend griffen alle Redner die Pläne und Betrugsmanöver der neuen Regierung an. Da wurde das "Bürgergeld" als verkappte Hartz-IV-Verschlechterung aufs Korn genommen oder die rassistischen Beleidigungen von Bundesbanker Thilo Sarrazin gegen türkische Migranten als Spaltungsversuch zurückgewiesen.

Frank Kuschel, Landtagsabgeordneter der Linkspartei in Thüringen brachte es so auf den Punkt: "In dieser Nacht wird die Zeit zurückgedreht. Symbolischer kann man nicht definieren, was in der Koalitionsrunde passiert." Er teilte aber auch die Kritik daran, dass sich der Bundesvorstand seiner Partei nicht dazu durchringen konnte.

Georg Ismael vom Bündnis "Bildungsblockaden einreißen" fand es sehr erfreulich, was sich unter den Schülern und Studenten derzeit regt.

Gerd Schütte, Vertreter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, prangerte an, dass die Hunderte Millionen Euro an Interventionsgeldern dazu dienen, den Milchpreis zu drücken und die Überschüsse in die 3. Welt zu verkaufen, um dort ebenfalls massenhaft Bauern zu ruinieren und in den Hunger zu treiben. Nur die "Global player" profitierten davon.

Nabil Rachid, 1. Vorsitzender des Dachverbands der Arabischen Vereine, kritisierte, dass die Regierungen in Deutschland die Bundeswehr in eine Interventionsarmee verwandeln. Es gehe dabei nicht um "Demokratie" oder "Freiheit" für andere Länder, sondern nur um die Durchsetzung der "deutschen Interessen".

Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD beglückwünschte die Montagsdemo-Bewegung, die "jede Menge Rückgrat" zeige: "Bei den Beratungen der neuen Regierung sitzt auch die Montagsdemo-Bewegung am Tisch. Einer der ersten Schritte war, dass der Eindruck erweckt wurde, jetzt würde man der Bevölkerung bei Hartz IV entgegen kommen. … Wir sind da, wir bleiben und wir werden kämpfen, bis die Hartz-Gesetze gefallen sind. … Gesellschaftliche Veränderungen kommen nicht aus dem Parlament, sondern entstehen dadurch, dass die Massen selbst tätig werden. Das ist der Keim der Zukunft. Glückauf!"

Außerdem sprachen unter anderem Fred Schirrmacher von der Koordinierungsgruppe Bundesweite Montagdemo, Birgit Kühr von der "Bürgergemeinschaft gegen Sozialabbau Angermünde e.V.", Gudrun Kimmerle, ehemalige Vertrauensleute-Sprecherin von Quelle Leipzig, ein kämpferischer Automobilarbeiter aus Südafrika, Süleyman Gürcan von der ATIF, Mario vom Jugendverband REBELL, eine Vertreterin vom Bundesvorstand des Frauenverband Courage sowie Vertreter von "Solidarität International" und der "Bürgerbewegung für Kryo-Recycling, Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz".

Zu sehen waren neben den Transparenten zahlreicher Montagsdemonstrationen aus Ost und West auch Fahnen und Transparente der GEW, IG Metall, IGBCE , Linkspartei, der MLPD, Verdi, der Migrantenorganisationen ATIF und anderer, des Frauenverbands Courage sowie verschiedener überparteilicher Kommunalwahlbündnisse.

Auch Teilnehmer aus anderen Ländern, unter anderem den Philippinen, aus Südafrika und Russland waren da. Ein russischer Ford-Arbeiter aus Sankt Petersburg, berichtete bei der Auftaktkundgebung: "Bis zu unserem Streik Ende 2007 haben wir uns relativ wenig interessiert für die Entwicklungen und Kämpfe auf der ganzen Welt. Während des Streiks haben wir sehr viel Solidarität gerade auch aus Deutschland erhalten. Daraus haben wir die Schlussfolgerung gezogen, dass wir uns international vereinigen müssen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Zusammen werden wir siegen!"

Der bunte Demonstrationszug mit vielen Musikgruppen und offenen Mikrofonen erweckte große Aufmerksamkeit in der Bevölkerung. Immer wieder reihten sich Passanten kurzerhand ein und liefen zeitweilig oder bis zum Schluss mit. In ihrem sechsten Jahr hat die bundesweite Herbstdemonstration der Montagsdemo-Bewegung mehr denn je ihre große Anziehungskraft unter Beweis gestellt und war damit ein gebührender Auftakt im Kampf gegen die neue Regierung.

Die Reutlinger Montagsdemonstranten in Berlin